Bodenarbeit: Sound of Silence Lewitzer-Hengst Kreistierschau Ratingen

Bodenarbeit mit Pferd: Engpässen, Plastik und bunte Farben - für ein Pferd nicht so selbstverständlich wie für uns

Naturheilkundliche Themen rund um Pferd und Hund

Bodenarbeit mit Pferd

» zur Themenübersicht: Fach-Themen genauer betrachtet...

Information für Tierbesitzer:
Pferde-Bodenarbeit: wie Pferde das Lernen lernen...

Bodenarbeit - sinnvoll oder Spielerei?
 

Der Beobachter schmunzelt häufig:
Was macht denn der Reiter mit seinem Pferd?
Das sieht ja sehr merkwürdig aus.

Bodenarbeit ist bestimmt was für Kinder, aber doch nichts für Erwachsene!

Bodenarbeit ist für den Beobachter unspektakulär, häufig wird für den Außenstehenden noch nicht einmal ersichtlich, was das Ganze überhaupt soll.

Bringen wir Licht ins Dunkle!
Welche Ideen stecken hinter der Bodenarbeit?
Was soll das?

   
Äußere und innere Losgelassenheit
 

Die Skala der Ausbildung, die als Grundlage bei der Pferde-Ausbildung gilt, sieht die Losgelassenheit als einen der wichtigen Ausbildungs-Stufen auf dem Weg zum guten Reitpferd.

Ein äußerlich unverkrampft daherkommendes Pferd benötigt als Grundlage eine ruhige Psyche: die innere Losgelassenheit.

Das ist so einfach dahingesagt, aber für das Pferd bei der Umsetzung der gestellten Aufgaben keine Selbstverständlichkeit.

Der Ausbilder hat also nicht nur sein Augenmerk auf der körperlichen Fitness des Pferdes, sondern trainiert auch die Pferde-Psyche.
Übungen aus der Bodenarbeit können hier wertvolle Hilfestellungen bieten.

Ein unerfahrenes Pferd - starr vor Angst - mit hochgerissenem Kopf - angespannter Halsmuskulatur - ist kaum vom Reiter zu beruhigen.
Haben wir dem Pferd mögliche Gefahrenmomente vom Boden bereits gezeigt und hat es gelernt mit tiefer Kopfhaltung diesen "neuen schrecklichen Dingen" zu begegnen, haben wir nicht nur unserer eigenen Sicherheit, sondern auch der Psyche des Pferdes einen Dienst erwiesen.

Ein durch Bodenarbeit vorbereitetes Jungpferd anzureiten macht Spaß! Viele für den Reiter gefährliche Momente sind im Vorfeld entschärft. Das Jungpferd hat eigentlich alle wichtigen Dinge bereits gelernt, es hat verstanden, dass der Mensch mal neben ihm steht, mal auf einem anderen Pferd sitzt und trotzdem noch mit ihm "kommuniziert".
Ein solches Pferd bleibt gelassen, wenn der Reiter plötzlich auf seinem Rücken steigt: Es hat Vertrauen gelernt.

   
Pferde sollen leistungsbereit sein!
Sie müssen das Lernen auch erst lernen!
Pferde motivieren!
 

Obwohl wir die Reitpferde natürlich nach unseren Wünschen züchten, haben wir die eigentlichen Urinstinkte der Pferde nicht komplett wegzüchten können.

Um aus einem Pferd ein sicheres und verlässliches Reitpferd zu machen, muss es eine Menge lernen. Es muss lernen die instinktmäßig kontrollierten Reaktionen (z.B. sein Fluchtverhalten) möglichst mit neuen erlernten Reaktionsmustern zu überlagern. (wobei das natürlich nie vollständig gelingen kann)

Die vielen tollen Pferde zeigen uns täglich, dass das Pferd in der Lage ist, enorme Lernleistungen zu vollbringen.

Auf diesem Weg können die Ideen der Bodenarbeit Pferd und Reiter unterstützen.

Reiten ist Kommunikatin
 

Kommunikation ist wechselseitiger Austausch
- das wechselseitige Übermitteln von Signalen!

Da unsere Pferde kein Deutsch (oder eine andere menschliche Sprache) im eigentlichen Sinne "verstehen", müssen wir uns eine andere Kommunikationsebene suchen.

Selbstverständlich kann jedes Pferd eine Klangfolge mit Hilfe der klassischen Konditionierung als Auslösereiz für ein bestimmtes Verhalten lernen.
Wort-Kommandos wie "zuu-rück" oder "Scheee-ritt" "versteht" nach entsprechender Übung ein Pferd.

Vorsicht:
Wir Menschen werden gern verleitet "menschlich" zu denken. Da wir hauptsächlich über Worte kommunizieren, kommt leicht der Eindruck auf, dass Pferde, die gut auf Stimme hören, plötzlich widersetzlich werden, wenn sie dem Stimmkommando plötzlich nicht gehorchen.
Pferde verstehen den Sinn hinter einzelnen Worten eben doch nicht!

Reiter und Pferd müssen daher eine Kommunikationsebene mit Signalen (Körpersprache) + evtl. Wortkommandos lernen, damit sich beide "verstehen".

Früher war es üblich Pferde (Tiere) mit Strafe oder Hilfsmitteln zu zwingen etwas zu tun. Nicht nur bei Pferden weiss man, dass ständige Strafen demotivierend sind und nur einen Schein-Gehorsam erzwingen. Lebewesen, die mit Strafen erzogen werden, suchen immer nach einem Ausweg sich dem Strafenden zu entziehen: sie versuchen heimlich - hinter dem Rücken des Ausbilders - auszubrechen.
(Stichwort: erlernte Hilflosigkeit)

Signale des Menschen
 

Wir als Reiter bilden unsere Pferde unbewusst häufig in der Weise aus, dass wir den Pferden beibringen, dass unsere Signale erst eine Bedeutung haben, wenn wir im Sattel sitzen.

Vorher am Boden, im Umgang mit ihnen sind unsere Signale so "uneinheitlich", dass die Pferde es aufgeben sie verstehen zu wollen.

Bei älteren Pferden erlebe ich häufig, dass sie bei der Bodenarbeit plötzlich "verdutzt" innehalten, wenn sie feststellen, dass der Mensch, der neben ihnen läuft tatsächlich etwas "möchte" - und zwar von ihnen.
Pferde sind sehr gerne bereit uns "zuzuhören" um herauszufinden, was unsere Anweisungen bedeuten.

Bodenarbeit
Sicherheit im Umgang mit dem Pferd
Gesundheitsvorsorge für das Pferd im Beruf als Reitpferd
 

Bodenarbeit kann zwei wichtige Dinge unterstützen:

1.) Sicherheit im Umgang mit dem Pferd
Das Pferd ist uns Menschen körperlich in allen Belangen überlegen. Selbst ein Shetty zieht im Zweifel einen Erwachsenen durch die Bahn!

Um Unfälle zu vermeiden (die interessanterweise sehr häufig im Umgang mit dem Pferd passieren) bedarf es eines Pferdes, dass die Signale des Menschen umsetzen und damit für den Menschen umgänglich geworden ist.

2.) Gesundheitsvorsorge für das Pferd
Nur ein Pferd, dass körperlich und psychisch in der Lage ist, die gestellten Aufgaben zu bewältigen, bleibt in seinem Job als Reitpferd gesund.

Überforderung geschieht nicht nur bei der abverlangten Reitleistung. Ein Pferd, das psychisch unter "Dauerspannung" steht, da es seinem Reiter nicht vertraut bzw. die an ihn gestellten Aufgaben nicht begreifen kann, kann sich auch physisch nicht entspannen.
Muskeln unter Dauerspannung ermüden viel schneller, verkrampfte Fehlhaltungen führen zu Verschleiss-Erscheinungen etc.

Neue Bewegungsmuster, das Lernen an für sich, neue Signale / Impulse / Hilfen etc. kann das Pferd auch ohne das Reitergewicht lernen.
Der Vorteil für uns Menschen: Wir müssen uns "nur" auf uns und auf das Pferd konzentrieren und nicht zusätzlich um unsere Balance fürchten.

Die "schlechte Nachricht" zum Schluss:

Was nach Spielerei aussieht und für den Beobachter teilweise sehr leicht aussieht, bedarf genauso der Übung wie das Reiten. Schliesslich sieht man bei einem guten Reiter auch nur noch Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit.

Bei der Bodenarbeit ist es genauso:
Das perfekt eingespielte Team - Mensch und Pferd - bewegt sich leichtfüßig in allen gewünschten Richtungen. Vorwärts in allen Gangarten - seitwärts - nach innen gebogen - rückwärts .... aufgrund von kaum sichtbaren Signalen des Menschen.

Eine Reise von tausend Meilen beginnt vor den Füßen.
Laozi
 

Egal ob Mensch oder Tier: Möchte man einem Lebewesen etwas beibringen, gilt es den kleinsten Ansatz in die richtige Richtung zu belohnen.

Und da noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, kann ich jeden nur bestärken, der mal mit Bodenarbeit anfangen möchte.

Nehmen Sie sich einfach mal die Zeit für sich und Ihr Pferd - vereinbaren Sie eine Probestunde bei einem Trainer
oder buchen Sie einen Kurs bei den unterschiedlichsten Anbietern: z.B. im FS-Reitzentrum Grundlagenkurs Bodenarbeit oder bei Alfonso Aguilar, der regelmäßig Kurse in Deutschland anbietet. Egal in welcher Reitweise Sie Ihr Pferd ausgebildet haben: Bodenarbeit ist eine wunderbare Lernerfahrung für Mensch und Pferd.

Und noch ein Tipp:
Lassen Sie sich nicht verunsichern von der Vielzahl der Bodenarbeits-Methoden. Nicht eine Methode trainiert Ihr Pferd sondern Sie als Trainer, Ausbilder und Reiter.

Egal ob Sie TTEAM, Natural-Horsemanship, Natural Concepts oder ähnlichen Begriffen begegnen: Im Grunde sind sich die Ideen dieser Methoden ähnlich, die "Hilfsmittel" unterscheiden sich nur ein wenig voneinander.

Suchen Sie sich das aus, was am Besten zu Ihnen und Ihrem Pferd passt.

Viele Reiter gelangen erst nach einem Unfall mit dem Pferd (das Pferd hat sich beim Führen losgerissen / das Pferd ist beim Aufsteigen nicht stehen geblieben / das Pferd hat den Reiter beim Verlassen der Halle "über den Haufen" gerannt, das Pferd hat den herabfallenden Reiter getreten etc.) zur Bodenarbeit. Warten Sie nicht so lange!

Was gibt es Schöneres als ein ruhiges, lernbereites und gelassenes Pferd, dass Sie willig an allen Orten reiten können?

Die Bodenarbeit kann einer der (ersten) Schritte zu diesem tollen Erlebnis sein!