Freude steckt an: Hundehalter mit Hund Foto: Sabrina Schmidt

Foto: photocase.com © JOEXX - verletzter Hund: verletzte Hundepfote

Naturheilkundliche Themen rund um Pferd und Hund

Was empfinden Pferd und Hund?

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Information für Tierbesitzer:
Miss- oder Fehlempfindungen: Schmerzen, Kribbeln, Juckreiz, Taubheitsgefühl etc.: störend oder schmerzhaft?

Können wir beurteilen, was Pferde und Hunde fühlen?
 

Wenn Tiere behandelt werden sollen, dann kommt häufig die Frage auf, was sie überhaupt empfinden. Wann zeigen Pferd und Hund Schmerz? Wie können wir überhaupt beurteilen, was sie empfinden?

Die Kommunikation unter Menschen ist bereits schwierig und nicht ohne Tücken. Wenn eine Person von Schmerz erzählt, wie können wir sicher sein, dass auch nur eine weitere Person unter diesem Wort die identische Empfindung hat?

In Kommunikations-Seminaren gibt es z.B. die Übung, das jeder Teilnehmer ein Auto malen soll. Sie werden es schon ahnen, wie unterschiedlich die einzelnen Bilder und damit die Assoziationen in den einzelnen Köpfen ausfällt: eigentlich ähnelt sich keine der Zeichnungen.

Wir Menschen könnten - zumindest theoretisch - über die Sprache dem Gegenüber umschreiben, was wir fühlen. Kulturelle Verschiedenheiten und Sprachbarrieren erschweren diese Möglichkeiten.

Wie schaffen wir Menschen es dann bei einer ganz andere Spezies, uns hineinzufühlen? Die Gefahr einer Vermenschlichung und Fehlinterpretation sollte nicht außer Acht gelassen werden.

   
Gehirnforschung: Empathisches Mitfühlen und Spiegelneuronen
 

Aus der Gehirnforschung weiss man, dass wir Menschen in der Lage sind, mit anderen mitzufühlen. Bestimmte Gehirnzentren werden aktiv, sogenannte Spiegelneuronen.

Spiegelneurone sind Nervenzellen, die im Gehirn während der Betrachtung eines Vorgangs die gleichen Potenziale auslösen, wie sie entstünden, wenn dieser Vorgang nicht bloß (passiv) betrachtet, sondern (aktiv) gestaltet würde.

Spiegelneurone wurden erstmalig vom Italiener Giacomo Rizzolatti 1991 bei einem Affen entdeckt. In diesen Untersuchungen fiel auf, dass Neuronen des Großhirns reagierten, wenn zielmotorische Hand-Objekt-Interaktionen durchgeführt oder bei anderen - zumindest anatomisch ähnlichen - lebenden Individuen beobachtet wurden.

Zwar wird eine Resonanz erzeugt, aber es kann nur der Erfahrungsschatz des eigenen Empfindens dabei "gespiegelt" werden.

Spiegelneurone können beobachtete Teile einer Szene zu einer wahrscheinlich zu erwartenden Gesamtsequenz ergänzen. Spiegelneurone sind auch dann aktiv, wenn wir uns eine Handlung nur vorstellen. Somit reicht es, wenn wir uns über Situationen unterhalten.
Das Nachempfinden beruht auf der Gesamtheit aller bisher vom jeweiligen Individuum gemachten Erfahrungen - und wird daher von Mensch zu Mensch (etwas) abweichen.

Wenn wir durch Erfahrung und Beobachtung "wissen", wann ein Pferd oder ein Hund ein Schmerzgesicht zeigt, dann können wir uns vorstellen, wie wir (sprich jeder einzelne Mensch, der da mitfühlt) Schmerzen empfinden.

Und schon interpretiert doch wieder jeder anders ....

   
Objektive Parameter
 

Schmerzmessungen und Schmerzparameter müssen noch gefunden werden: Infolge der großen Vielfalt biochemischer, physiologischer und verhaltensbedingter Parameter, welche sich bei an Schmerzen leidenden Pferden verändern, sind ausreichende statistische Analysen zur Bestimmung des Schmerzgrades [..] noch nicht leicht verfügbar.

Körperliche Symptome - sichtbare Symptome
 

Ein weiteres Problem: Wir sehen nur die sichtbaren körperlichen Reaktionen. Lahmt ein Pferd oder ein Hund, können wir vermuten, dass die Bewegung eine Form von Schmerz auslöst und das Tier durch das Lahmen dem Schmerz so weit es geht ausweichen möchte. Interessant dabei: Hunde schaffen es sogar auf 3 Beinen zu laufen, was dem Pferd nahezu unmöglich ist. Und - beim Pferd fallen leichte Taktunreinheiten viel schneller auf als beim Hund, da wir das Pferd als Reittier viel genauer bei der Bewegung beobachten.

Wie lange hält das "Schmerzgedächnis" bei unseren Tieren?
Immer wieder beobachten wir, dass auch unsere Tiere nicht so schnell vergessen können, das mal etwas unangenehm bzw. schmerzhaft war. Auch nach einer Heilung verhält sich das Tier noch vorsichtig und kehrt erst langsam wieder zur gewohnten Belastung zurück.

Ganz schwierig ist zu beurteilen, ob ein Tier aufgrund früherer (schlechter) Erfahrung sich ein Verhalten angewöhnt / angelernt hat und nun aus dem Verhaltensschema nicht mehr ausbrechen kann oder ob tatsächlich noch ein (Rest-)Schmerz vorhanden ist.

Was sehen wir denn nun wirklich?
 

Eigentlich können wir nur interpretieren!

Wir können Fehlempfindungen vermuten und sehen wie das Tier damit umgeht: versucht es Druck zu vermeiden, wird warmes oder kaltes Wasser aktzeptiert, ist eine Stelle berührungsempfindlich oder sucht das Tier sogar Scheuerstellen bzw. geniesst es, wenn der Besitzer dort "kratzt"?

Dieser äußerlich erkennbare Umgang des Tieres mit seinem Problem, kann uns helfen Rückschlüsse auf mögliche Ursachen zu ziehen.

Aber, ob das einzelne Tier nun einen leichten Schmerz, einen ziehenden oder reissenden Schmerz, ein Kribbeln oder ein Taubheitsgefühl, einen leichten oder starken Juckreiz, einen dumpfen Schmerz oder welche Begriffe wir sonst noch haben TATSÄCHLICH verspürt, werden wir wahrscheinlich nie nachempfinden können.

   
 

Forschung erleben: Uni Mannheim
Der Körper heilt schneller als die Seele

Neurologie
Das mitfühlende Gehirn
DIE ZEIT, Ausgabe 18, 2004
Von Bettina Gartner | © DIE ZEIT 22.04.2004 Nr.18


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Warum ich fühle, was du fühlst: Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone
von Prof. Dr. med. Joachim Bauer (lehrt an der Universität Freiburg)
Verlag: Heyne Verlag (4. September 2006)

Spiegelphänome durchziehen die gesamte Biologie, beginnend bei der Erbsubstanz DNA mit ihrer spiegelnd angelegten Doppelstruktur bis hin zu komplexen biologischen Systemen wie dem Menschen. Biologisch angelegte Spiegelung, dies ist die Schlußfolgerung dieses Buches, scheint das Gravitationsgesetz lebender Systeme und ein "Leitgedanke der Evolution"zu sein. Nicht "survival of the fittest", sondern "survival of resonance" ist der tiefe Sinn der Evolution.